Sie haben es bestimmt schon öfter in den Nachrichten gelesen oder gehört: Aktuell befindet sich Deutschland noch immer in einer Niedrigzinsphase (Stand: Ende 2017). Das bedeutet, dass Sie für Ihr Erspartes nur geringe Zinsen erhalten. Lohnt es sich da überhaupt, etwas zurückzulegen? Wir rechnen Ihnen vor, was passiert, wenn Sie wegen der niedrigen Zinsen nicht sparen.
Warum gibt es die Niedrigzinsphase?
Die Finanzkrise von 2007 hat das Finanzwesen und die Wirtschaft vieler Länder negativ beeinflusst. Um die Situation abzumildern, setzt die Europäische Zentralbank (EZB) geldpolitische Instrumente ein, darunter den Leitzins. Dies ist der Zinssatz, zu dem sich die Sparkassen und Banken bei der EZB Geld leihen können. Seit März 2016 liegt der Leitzins bei 0 Prozent (Stand: November 2017). Zum Vergleich: Im Juli 2008 betrug er 4,25 Prozent. Wie lange die EZB diese Strategie noch verfolgt, lässt sich nicht abschätzen.
Die Zinspolitik der EZB wirkt sich auch auf Sie als Privatkunden aus. Die Zinsen für Ratenkredite sinken. Als Folge der Niedrigzinsphase musste auch die Sparkasse die Guthabenzinsen senken, also die Zinsen, die Sie für Tagesgeld, Sparpläne und viele Altersvorsorgeprodukte erhalten.
… über 70 Prozent der Befragten des Sparkassen-Vermögensbarometers 2017 bereits fürs Alter vorsorgen oder dies in Zukunft tun wollen?“
(Quelle: Deutscher Sparkassen- und Giroverband, 2017)
Geldanlage und Niedrigzinsphase: Lohnt sich Sparen überhaupt?
Wie sinnvoll ist eine Geldanlage in der Niedrigzinsphase? Dr. Ulrich Kater, Chefvolkswirt bei der DekaBank, bezeichnet in einem Interview Sparen als „ein Grundbedürfnis“. Nicht die Zinsen sind das Ziel beim Sparen, sondern das Sparen selbst. Rücklagen helfen Ihnen schließlich dabei, sich Dinge zu leisten, die Sie mit Ihrem monatlichen Einkommen nicht kaufen können.
Das gilt während des Erwerbslebens genauso wie im Alter. Ihre gesetzliche Rente wird später vermutlich nicht dafür ausreichen, Ihren bisherigen Lebensstandard zu halten. Private Vorsorge ist die beste Methode, die Versorgungslücke zu schließen, die sich zwischen der gesetzlichen Rente und Ihrem tatsächlichen finanziellen Bedarf auftun kann.
Das Grundbedürfnis zu sparen besteht auch dann, wenn die Zinsen niedrig sind. Deshalb sollten Sie jetzt nicht damit aufhören oder aber zögern, damit anzufangen. Gerade wenn Sie langfristig sparen, wie es bei der Altersvorsorge der Fall ist, entgehen Ihnen andernfalls wertvolle Erträge. Betrachten wir die Situation an zwei vereinfachten, rein hypothetischen Beispielen.
Beispiel 1: Jetzt mit dem Sparen anfangen oder warten?
Anna ist 34 Jahre alt und möchte zum 31. Dezember 2049, also mit 67 Jahren, in Rente gehen. Im ersten Fall wartet Anna mit der Geldanlage, bis die Niedrigzinsphase vorbei ist. Nehmen wir an, dass dies im Januar 2022 der Fall sein wird. Sie schließt dann eine private Rentenversicherung ab, für die sie 3 Prozent Zinsen im Jahr erhält. Legt sie monatlich 200 Euro zurück, hat sie zum Renteneintritt 103.034 Euro auf ihrem Konto.
Das ist eine beachtliche Summe, doch wie sähe die Situation aus, wenn Anna bereits im Januar 2017 mit dem Sparen begonnen hätte? Gehen wir davon aus, dass sie während der Niedrigzinsphase von Januar 2017 bis Dezember 2021 einen Zinssatz von 0,3 Prozent für ihre Rentenversicherung erhält. In dieser Zeit spart sie 12.072 Euro an. Im Januar 2022 steigen die Zinsen auf 3 Prozent pro Jahr und bleiben bis 2049 auf diesem Niveau. Nun hat sie zu Rentenbeginn 130.655 Euro angespart – das sind 27.621 Euro mehr als im ersten Szenario. Durch den längeren Sparzeitraum bekommt sie an Zinsen gut 15.000 Euro mehr.
Im zweiten Szenario spart Anna fünf Jahre länger. Auch wenn die monatlichen Beträge in diesen fünf Jahren nur niedrig verzinst werden, sammeln sie sich auf dem Konto an. Nach der Niedrigzinsphase beginnt ihre Geldanlage nicht bei 0 Euro, sondern bei 12.072 Euro. Da Zinsen prozentual berechnet werden, erhält sie aufgrund der höheren Sparsumme höhere Zinserträge. Dies ist vorteilhaft für den Zinseszinseffekt. Dieser entsteht, weil Annas Erspartes nicht nur monatlich um 200 Euro anwächst, sondern auch um die auf das Sparguthaben ausgezahlten Zinserträge, die wiederum ebenfalls verzinst werden.
Beispiel 2: Geldanlage in der Niedrigzinsphase weiter besparen oder pausieren?
Um herauszufinden, ob es eventuell sinnvoll ist, die Geldanlage in der Niedrigzinsphase zu pausieren, schauen wir uns ein anderes Beispiel an: Birgit ist 55 Jahre alt und plant, mit 63 Jahren in Rente zu gehen. Sie zahlt jeden Monat 300 Euro in eine private Rentenversicherung ein und erhält 0,3 Prozent Zinsen darauf. Zum Januar 2017 hat sie bereits 80.000 Euro zurückgelegt.
In der Niedrigzinsphase von Januar 2017 bis Dezember 2021 setzt Birgit ihre Sparraten aus. Ihr Sparguthaben wächst in dieser Zeit auf 81.207 Euro an, da es weiterhin mit 0,3 Prozent verzinst wird. Ab Januar 2022 zahlt sie wieder 300 Euro im Monat ein und erhält bis zum 31. Dezember 2024, ihrem Renteneintritt, einen Zinssatz von 3 Prozent. Wenn Sie aus dem Berufsleben ausscheidet, hat sie 106.461 Euro zur Verfügung.
Wie sieht die Rechnung aus, wenn sie während der Niedrigzinsphase weiter in ihre Geldanlage einzahlt? Dann steht ihre Altersvorsorge Ende 2021 bei 99.361 Euro – also 18.154 Euro mehr als im ersten Szenario. Anschließend verzinst die Bank ihre Beiträge bis Dezember 2024 mit 3 Prozent. Am Ende hat Birgit 126.842 Euro auf dem privaten Rentenkonto. Ihre Selbstdisziplin zahlt sich aus: Das sind 20.381 Euro mehr als im ersten Beispiel.
Fazit: Dranbleiben lohnt sich
Eine hohe Verzinsung ist beim monatlichen Sparen von Vorteil und hilft beim langfristigen Vermögensaufbau. Jedoch sollten Sie auch in einer Niedrigzinsphase das regelmäßige Sparen nicht vernachlässigen, denn trotz der niedrigeren Verzinsung sind die langfristigen und kontinuierlichen Sparraten die Basis für den Aufbau von Alterskapital oder für spätere zusätzliche Rentenzahlungen. Wer diszipliniert seine monatlichen Raten einzahlt, hat zum Renteneintritt ein dickes Plus auf dem Konto. Unterschätzen Sie auch nicht den pädagogischen Effekt, wenn Sie das Sparen durchhalten, anstatt es auszusetzen: Wer sich einmal daran gewöhnt hat, jeden Monat etwas zurückzulegen, hört damit nicht so schnell auf – das zahlt sich im Alter aus.