Der Studiengang klang so interessant – jedenfalls in der Theorie. Nicht immer ist es als Studienanfänger einfach, das richtige Fach zu finden. Manchmal entsprechen die Vorstellungen nicht der Realität, in anderen Fällen sind die Studenten schlichtweg überfordert mit Nebenfächern wie Mathematik oder Statistik oder mit der Masse an Klausuren. Das Fach zu wechseln, ist keine Schande. Im Gegenteil: Laut der 20. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks im Jahr 2012 wechseln etwa 17 Prozent der Studenten Ihren Studiengang. BAföG-Empfänger sollten beim Fachrichtungswechsel jedoch mit Bedacht vorgehen.
Wann ist ein Wechsel ein Wechsel?
Für die Studenten selbst ist es meist unerheblich, für das BAföG-Amt umso wichtiger: Wechseln Sie Ihr Fach oder den Schwerpunkt?
- Schwerpunktverlagerung: Sie haben mit Wirtschaftsrecht begonnen und wechseln nach zwei Semestern zu Wirtschaftswissenschaften. Ihre Studienleistungen aus dem alten Fach können Sie voll anrechnen lassen. In diesem Fall haben Sie nur einen anderen Schwerpunkt gewählt. Das Gleiche gilt, wenn Sie nur die Nebenfächer tauschen und das Studium sich dadurch nicht verlängert. Eine Schwerpunktverlagerung ist also dadurch gekennzeichnet, dass sich aus den Ausbildungsbestimmungen ergibt, dass die betroffenen Studiengänge bis zum Wechsel identisch sind, oder dass die bisher erbrachten Semester auf den anderen Studiengang voll angerechnet werden.
- Fachrichtungswechsel: Sie haben mit Wirtschaftsrecht begonnen und entdecken nach zwei Semestern Ihre Leidenschaft für Deutsche Literatur. In diesem Fall wechseln Sie von einem Studium in ein anderes, ohne sich etwas anrechnen lassen zu können. Rechtlich ist ein Fachrichtungswechsel gegeben, wenn der Auszubildende einen anderen berufsqualifizierenden Abschluss oder ein anderes bestimmtes Ausbildungsziel eines rechtlich geregelten Ausbildungsganges an einer Ausbildungsstätte derselben Ausbildungsstättenart anstrebt. Bei Studiengängen mit mehreren Fächern gilt nach BAföG VwV, 7.3.5: „Der Wechsel, die Hinzunahme oder die Aufgabe von einzelnen Fächern ist ein Fachrichtungswechsel. Bei Lehramtsstudiengängen gilt dies nicht für den Wechsel, die Hinzunahme oder die Aufgabe eines für den Erwerb der Lehrbefähigung nicht erforderlichen Faches. […] Ein Fächerkombinationswechsel im Rahmen der Nebenfächer ist als Schwerpunktverlagerung anzusehen, wenn er nicht zu Verzögerungen führt.“
Bekomme ich nach dem Studiengangwechsel weiterhin BAföG?
Ob Sie BAföG nach dem Studiengangwechsel erhalten, ist streng geregelt. Eine Schwerpunktverlagerung ist für BAföG-Empfänger normalerweise problemlos möglich. Die Förderungshöchstdauer bleibt allerdings bestehen. Studieren Sie im neuen Fach länger, erhalten Sie nicht automatisch länger BAföG. Komplizierter wird es bei BAföG und Fachrichtungswechsel. Bis zum Beginn des dritten Fachsemesters können Sie unkompliziert wechseln, ohne dass Sie Ihren BAföG-Anspruch verlieren. Das Vorliegen eines wichtigen Grundes wird in diesem Fall gesetzlich vermutet. Haben Sie dem BAföG-Amt den Fachwechsel gemeldet, wird Ihr neuer Studiengang wie ein Erststudium gefördert, gegebenenfalls gekürzt um etwaige anzurechnende Semester. Bei einem Fachrichtungswechsel ab dem Beginn des dritten Fachsemesters wird die Ausbildungsförderung nur bei Nachweis eines wichtigen Grundes und nur bis zum Beginn des vierten Fachsemesters gewährt. Bei der Bestimmung der maßgeblichen Fachsemester wird die Zahl der Semester abgezogen, die nach Entscheidung der Ausbildungsstätte aus der ursprünglich betriebenen Fachrichtung auf den neuen Studiengang angerechnet werden.
Ab dem dritten Fachsemester: BAföG nach Studienwechsel nur bei wichtigem Grund
Wollen Sie vom Beginn des dritten Fachsemesters bis zum Beginn des vierten Fachsemesters wechseln, benötigen Sie einen wichtigen Grund und müssen diesen schriftlich darlegen, um weiterhin gefördert zu werden. Anders als beim Bachelorstudiengang ist ein Fachrichtungswechsel beim Masterstudiengang aus wichtigem Grund nicht möglich, sondern setzt einen unabweisbaren Grund voraus (BAFöG VwV, 7.3.15a).
Zu den wichtigen Gründen zählen:
- Eignungsmangel: Sie sind intellektuell, psychisch oder körperlich mit dem Fach überfordert. Beispiel: Sie studieren Sozialwissenschaften und haben die wichtige Prüfung im Nebenfach Statistik mehrmals nicht bestanden, obwohl Sie dafür gelernt und Nachhilfe genommen haben.
- Neigungswandel: Der Studiengang entspricht nicht mehr Ihrer Vorstellung, Ihre Interessen haben sich gewandelt. Beispiel: Sie studieren Pädagogik und stellen nach einem Praktikum im Kindergarten fest, dass Sie später doch nicht mit kleinen Kindern arbeiten möchten.
Damit Ihre Begründung erfolgreich ist, darf Ihnen der Wechselgrund vor Studienbeginn nicht bekannt oder nicht bewusst gewesen sein. Sie sollten unverzüglich nach Eintreten des wichtigen Grunds den Studiengang wechseln. Schreiben Sie sich für ein weiteres Semester im Fach Pädagogik ein, obwohl Sie bereits wissen, dass Sie das Studium nicht weiterführen wollen, legt Ihnen das BAföG-Amt dies beim Studiengangwechsel negativ aus. Besser ist es, das Studium sofort abzubrechen und sich im nächsten Semester für den neuen Studiengang einzuschreiben. In diesem Fall erhalten Sie zwischendurch kein BAföG, verlieren aber Ihren Förderanspruch nicht.
Achtung! Für das BAföG-Amt zählt nicht, seit wann Sie die Förderung beziehen, sondern wann Sie Ihr Studium begonnen haben. Haben Sie im ersten Studiengang kein BAföG beantragt, obwohl es Ihnen zugestanden hätte, können Sie den Fachrichtungswechsel trotzdem nur bis zum Beginn des vierten Fachsemesters durchführen, um im neuen Studiengang förderungsberechtigt zu sein.
56 Prozent der Studiengangwechsler ein Studienfach wählen, das außerhalb ihrer ursprünglichen Fächergruppe liegt?“ (Quelle: Deutsches Studentenwerk, 2013)
Immer möglich: Wechsel aus unabweisbarem Grund
Ein Sportstudent hat einen Unfall und sitzt anschließend im Rollstuhl, ein Chemiestudent reagiert plötzlich auf verschiedene Stoffe allergisch – in solchen Fällen ist es nicht möglich, das Studium weiterzuführen. Bei einem solchen unabweisbaren Grund bringt der Studiengangwechsel für BAföG-Empfänger keine Nachteile. Dabei ist es völlig unerheblich, ob Sie das Studium gleich im ersten Semester oder kurz vor der Abschlussarbeit aufgeben und ob Sie sich im Bachelor- oder im Masterstudium befinden. Sie werden im neuen Studiengang wie in einem Erststudium gefördert. Allerdings ist die Definition für einen unabweisbaren Grund sehr eng gefasst: Finanzielle Schwierigkeiten oder das Nichtbestehen einer wichtigen Prüfung gehören nicht dazu.
BAföG und zweiter Fachrichtungswechsel
Für das erste Studium waren Sie nicht gut genug, das zweite entspricht nicht Ihren Vorstellungen. Jetzt wollen Sie es ein drittes Mal versuchen. Doch erhalten Sie weiterhin BAföG beim erneuten Studiengangwechsel? Bis zu Beginn des vierten Fachsemesters können Sie auch den zweiten Studiengang aus wichtigem Grund wechseln. Allerdings benötigen Sie für diesen und jeden weiteren Wechsel immer eine Begründung.
Ab dem zweiten Fachrichtungswechsel funktioniert die BAföG-Förderung nicht mehr wie im Erststudium. Normalerweise bestehen die BAföG-Leistungen zu 50 Prozent aus einem staatlichen Zuschuss, den Sie nicht zurückzahlen müssen, und zu 50 Prozent aus einem Darlehen, dass Sie später tilgen. Nach dem zweiten Wechsel werden die Semester, die Sie im zweiten Studiengang studiert haben, von der Regelstudienzeit des dritten Studiengangs abgezogen. Für die erste Zeit erhalten Sie wie gewohnt BAföG. Für die restlichen Semester der Förderungshöchstdauer gewährt Ihnen das BAföG-Amt nur ein verzinstes Darlehen.
Beispiel: Sie haben ein Semester BWL studiert, sind dann zur Pädagogik gewechselt und haben nach dem zweiten Semester festgestellt, dass Sie lieber mit Kindern im Grundschulalter arbeiten möchten. Als dritten Studiengang haben Sie deshalb Grundschullehramt gewählt. Das Studium hat eine Förderungshöchstdauer von sechs Semestern. Aufgrund Ihrer Vorgeschichte zieht das BAföG-Amt die zwei Semester aus dem abgebrochenen Pädagogikstudium ab. Sie erhalten die normale Förderung für die ersten vier Semester, in den restlichen zwei Fachsemestern haben Sie Anspruch auf das verzinste Bankdarlehen.
Lassen Sie sich beraten
Für BAföG-Empfänger ist der Studiengangwechsel mit Fallstricken verbunden. Damit Sie Ihre Förderung nicht leichtsinnig aufs Spiel setzen, informieren Sie sich vor dem Wechsel. Der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) an der Uni bietet oft eine unabhängige BAföG-Beratung an. Auch die Sozialberatungsstelle des Studentenwerks steht Ihnen zur Seite.
Sie wollen nur dann wechseln, wenn Sie auch sicher weiterhin BAföG erhalten? Beantragen Sie eine Vorabentscheidung nach Paragraf 46 Absatz 5 Satz 1 Nr. 3 BAföG. Ist die Entscheidung positiv, können Sie sich darauf verlassen, dass Sie weiterhin gefördert werden. Wie hoch die BAföG-Leistung ausfällt, erfahren Sie jedoch erst, wenn Sie das neue Studium beginnen.