Pflegezeit: Das sollten Sie zum Antrag wissen

Pflegezeit: Das sollten Sie zum Antrag wissen

Gesundheit ist das höchste Gut im Leben und gleichzeitig etwas sehr Fragiles. Das fällt nicht zuletzt dann auf, wenn Bekannte oder Familienmitglieder ernsthaft erkranken oder im Alter nicht mehr ohne Unterstützung leben können. Gut, dass Sie als Beschäftigte einen gesetzlichen Anspruch auf bezahlte Pflegezeit haben, um enge Angehörige zu pflegen.

Was genau ist Pflegezeit?

Beschäftigte haben das Recht auf Pflegezeit, wenn sie pflegebedürftige nahe Angehörige mit mindestens Pflegegrad 1 zuhause pflegen. Während der Pflegezeit, die maximal sechs Monate beträgt, werden Sie als Beschäftigte entweder teilweise oder komplett von der Arbeit freigestellt. Der Anspruch auf Pflegezeit gilt allerdings nur, wenn Sie in einem Betrieb mit mehr als 15 Beschäftigten angestellt sind. Ist die pflegebedürftige Person minderjährig, haben Sie das Recht auf Pflegezeit auch dann, wenn Sie diese nicht zuhause pflegen, sondern sie z. B. in einem Krankenhaus betreut wird. Zudem können Sie eine bis zu dreimonatige Pflegezeit für nahe Angehörige beantragen, wenn Sie diese in deren letzter Lebensphase begleiten wollen.

Ergibt sich ein akuter Pflegefall, haben Sie außerdem Anspruch auf eine zehntägige Pflegezeit. Das gilt, wenn eine Pflegebedürftigkeit von Pflegegrad 1 oder höher vorliegt. Während dieser Zeit können Sie sich zum Beispiel darum kümmern, die zukünftige Pflege für die betroffene Person zu organisieren.

Wer gilt als nahe Angehörige?

Als nahe Angehörige gelten folgende Personen:

  • Eltern
  • Großeltern
  • Stiefeltern
  • Ehegatten, Lebenspartner und Lebenspartnerinnen, Partner und Partnerinnen in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft
  • Geschwister
  • Kinder, Adoptiv- und Pflegekinder (die eigenen oder die des Lebenspartners bzw. der Lebenspartnerin)
  • Enkelkinder
  • Schwägerinnen, Schwager
  • Schwiegereltern, Schwiegerkinder

Voraussetzungen für die Gewährung der Pflegezeit

Als Beschäftigte müssen Sie Ihrem Arbeitgeber nachweisen, dass der oder die nahe Angehörige tatsächlich pflegebedürftig ist. Dazu legen Sie eine Bescheinigung der Pflegekasse oder des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) vor. Das gilt auch, wenn die nahen Angehörigen in der privaten Pflege-Pflichtversicherung versichert sind. Wenn Sie Angehörige im letzten Lebensabschnitt begleiten möchten, benötigt Ihr Arbeitgeber eine ärztliche Bescheinigung über die vorliegende Erkrankung.

Kann die Pflegefrist von sechs Monaten verlängert werden?

Nein, dies hat der Gesetzgeber nicht vorgesehen. Haben Sie eine Freistellung für weniger als sechs Monate vereinbart, ist es möglich, diese bis zur Höchstdauer von sechs Monaten zu verlängern – die Zustimmung des Arbeitgebers vorausgesetzt. Sie haben zudem dann ein Recht auf Verlängerung der Pflegezeit bis zur Höchstdauer von einem halben Jahr, wenn ursprünglich vorgesehen war, dass die Pflege nach einer Zeit von einer anderen Person übernommen wird, dies aber aus einem wichtigen Grund nicht passiert.

Worin besteht der Unterschied zur Familienpflegezeit?

Pflegen Sie nahe Angehörige, haben Sie ein Anrecht auf Familienpflegezeit – wenn Ihr Arbeitgeber mehr als 25 Mitarbeiter beschäftigt. Familienpflegezeit bedeutet, dass Sie bis zu 24 Monate teilweise freigestellt werden können. Die verbleibende Arbeitszeit muss mindestens 15 Wochenstunden betragen. Beachten Sie, dass Sie nicht etwa zwischen Familienpflegezeit und Pflegezeit wählen, sondern einen Anspruch auf beides haben. Sie können die Pflegezeit und Familienpflegezeit nacheinander beantragen – sie müssen aber nahtlos ineinander übergehen und dürfen kombiniert höchstens 24 Monate dauern.

Akuter Pflegefall Pflegezeit Familienpflegezeit
§ 2 PflegeZG und § 44a SGB XI § 3 PflegeZG §§ 2 und 3 FPfZG
bis zu zehn Tage kurzzeitige Pflegezeit bis zu 6 Monate komplette oder teilweise Freistellung, um Angehörige zu pflegen bis zu 24 Monate teilweise Freistellung, um Angehörige zu pflegen
auch für Betreuung eines pflegebedürftigen minderjährigen Angehörigen auch für Betreuung eines pflegebedürftigen minderjährigen Angehörigen
bis zu 3 Monate, um Angehörige in letzter Lebensphase zu begleiten
Pflegeunterstützungsgeld zinsloses Darlehen zinsloses Darlehen
ohne Ankündigungsfrist zehn Tage Ankündigungsfrist acht Wochen Ankündigungsfrist
unabhängig von der Größe des Betriebs nur bei mehr als 15 Beschäftigten im Betrieb nur bei mehr als 25 Beschäftigten im Betrieb

Finanzierung der Pflegezeit

Wenn Sie sich für die Pflegezeit für Angehörige ganz bzw. teilweise freistellen lassen, haben Sie während dieser Zeit keinen oder einen geringeren Verdienst. Um finanzielle Sorgen abzumildern, können Sie beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) ein zinsloses staatliches Darlehen beantragen. Sie erhalten das Darlehen in monatlichen Raten. Es beträgt 50 Prozent des fehlenden Nettogehalts. Nach Ablauf der Freistellung zahlen Sie das Darlehen zurück, ebenfalls in Raten. Auf Antrag – Stichwort: Härtefallregelung – kann das BAFzA die Rückzahlung hinausschieben oder ganz darauf verzichten.

Seit 2015 können Sie während einer zehntätigen Arbeitsunterbrechung wegen eines akuten Pflegefalls ein Pflegeunterstützungsgeld in Höhe von 90 Prozent Ihres Nettoeinkommens beantragen. Dieses Geld wird nicht vom Arbeitgeber gezahlt, sondern von der gesetzlichen Pflegeversicherung des oder der Angehörigen.

Tipp: Wenn Sie oder Ihre Angehörigen pflegebedürftig werden, kann das hohe Kosten mit sich bringen. Die medizinische Versorgung, die intensive Betreuung -nicht alles wird komplett von der gesetzlichen Pflegeversicherung übernommen. Mit einer privaten Pflegezusatzversicherung können Sie die finanziellen Belastungen abfedern.

Wie sind die Ankündigungsfristen, wenn ich Pflegezeit beantragen will?

Die Ankündigungsfristen hängen von der Art und Länge der gewünschten Auszeit ab. In folgenden Fällen müssen Sie die Pflegezeit mindestens zehn Tage vorher ankündigen:

  • Freistellung von bis zu sechs Monaten
  • Freistellung für die Betreuung minderjähriger naher Angehöriger mit Pflegebedürftigkeit
  • Freistellung für die Begleitung eines nahen Angehörigen in der letzten Lebensphase

Gibt es in Ihrer Familie einen akuten Pflegefall und Sie möchten deswegen die zehntägige Pflegezeit für plötzliche Pflegefälle in Anspruch nehmen, haben Sie keine Ankündigungsfrist. Ihren Arbeitgeber müssen Sie natürlich trotzdem darüber informieren. Wenn Sie an die Pflegezeit die Familienpflegezeit anhängen oder umgekehrt, teilen Sie Ihrem Arbeitgeber dies spätestens acht Wochen vorher mit.

Wussten Sie, dass …
… im Jahr 2019 56 Prozent der 4,1 Millionen Pflegebedürftigen in Deutschland zuhause gepflegt wurden?“
(Quelle: Destatis, 2022)

Bin ich während der Pflegezeit sozialversichert?

Wenn Sie sich während der Pflegezeit nur teilweise von der Arbeit freistellen lassen, sind Sie weiter in der Krankenversicherung und Pflegeversicherung versichert. Lassen Sie sich hingegen voll freistellen, gilt dies nicht. Sie können sich dann zum Beispiel beitragsfrei familienversichern lassen oder, wenn das nicht möglich ist, sich freiwillig versichern lassen.

Tipp: Bei der Pflegekasse Ihrer Angehörigen können Sie einen Beitragszuschuss zu Ihrer Kranken- und Pflegeversicherung beantragen, selbst wenn die Angehörigen privat pflegeversichert sind.

Die Pflegezeit kann als Pflichtbeitragszeit in der Rentenversicherung gewertet werden. Voraussetzung dafür ist, dass Sie Ihre Angehörigen mindestens zehn Stunden an zwei Tagen pro Woche pflegen. Zudem muss der bzw. die Angehörige Leistungen aus der Pflegeversicherung erhalten. Das Gleiche gilt für die Arbeitslosenversicherung. Wenn Sie direkt vor Beginn der Pflegezeit in der Arbeitslosenversicherung pflichtversichert waren und Sie mindestens zehn Stunden an zwei Tagen pro Woche pflegen, übernimmt die Pflegekasse der Angehörigen unter Umständen Ihre Beiträge.

Außerdem gut zu wissen: Wenn Sie die Freistellung bei Ihrem Arbeitgeber angekündigt haben, genießen Sie für maximal zwölf Wochen vor Beginn der Pflegezeit bis zu deren Ende grundsätzlich einen Kündigungsschutz. Ausnahmen sind nur in wenigen Fällen möglich, etwa wenn das Unternehmen in der Zwischenzeit insolvent geht, und müssen von der zuständigen Behörde genehmigt werden.

Bild: S-Com