Im Jahr 2015 wurden in Hessen 12.834 Ehepaare geschieden, in Rheinland-Pfalz waren es 8.835 Paare. Davon betroffen sind auch rund 11.000 minderjährige Kinder. Für sie beginnt nach der Scheidung, wenn die Eltern in getrennte Wohnungen ziehen, meist ein Pendlerdasein. Schließlich wollen sich heutzutage meist beide Elternteile gemeinsam um das Kind kümmern. Sind sich die Erwachsenen einig, lässt sich vieles friedlich regeln. Doch oft genug endet der Streit um Sorgerecht und Unterhaltspflichten vor einem der 83 Familiengerichte in Hessen und Rheinland-Pfalz.
Gemeinsames Sorgerecht ist die Regel
Für Scheidungskinder sind die Folgen mitunter dramatisch: Viele klagen über Schlafstörungen und Konzentrationsprobleme, manche zeigen auch körperliche Beschwerden. Kein Wunder: Schließlich haben sie erst zu Hause die Konflikte und Krisen miterlebt, die zur Trennung geführt haben. Nun verlassen sie die vertraute Wohnung und müssen sich in eine neue Umgebung integrieren. Angst und Wut über den Verlust suchen sich ein Ventil. In dieser auch emotional kritischen Zeit brauchen Kinder beide Elternteile als Bezugspersonen, als Ansprechpartner und Trostspender.
Daher sieht das Familienrecht vor, dass auch nach der Scheidung das gemeinsame Sorgerecht bestehen bleibt. Das bedeutet, dass sich weiterhin beide Elternteile die Verantwortung für das Kind teilen. Sie müssen sich beide um die grundsätzlichen Erziehungsfragen kümmern und bedeutende Entscheidungen gemeinschaftlich treffen. Dazu zählen die Wahl von Kindergarten und Schule, alle Fragen in Bezug auf die Ausbildung, Auslandsaufenthalte, Umzüge oder die Eröffnung eines Kontos. Auch bei der Trennung eines unverheirateten Paares besteht das gemeinsame Sorgerecht weiter fort.
Unterhalt wird nach dem Betreuungsmodell bemessen
Welcher Elternteil wie viel an Unterhalt für das gemeinsame Kind zahlen muss, hängt zum einem vom Einkommen beider Eltern, zum anderen vom vereinbarten Betreuungsmodell ab. Das übliche Verfahren ist das Residenzmodell, bei dem das Kind hauptsächlich bei einem Elternteil lebt. Dem anderen Elternteil werden Besuchsrechte zugesprochen, festgelegt wird normalerweise ein Besuch alle 14 Tage am Wochenende. In 90 Prozent aller Fälle entscheiden sich die einstigen Paare für das Residenzmodell. Das Kind lebt fast immer bei der Mutter, der Vater muss den vollen Unterhalt zahlen.
Da eine enge Bindung zu beiden Elternteilen dem Kindswohl förderlich ist, wird heutzutage aber immer häufiger das Wechselmodell gewählt. Hierbei wird das Kind abwechselnd von beiden Elternteilen betreut. In jeder Wohnung verfügt es über ein eigenes Kinderzimmer, demzufolge hat es zwei Lebensmittelpunkte. Der Elternteil, bei dem das Kind gerade wohnt, versorgt und betreut es auch. Und er darf auch Dinge des täglichen Lebens für das Kind eigenständig regeln. Unter Umständen muss dennoch Unterhalt für das Kind gezahlt werden. Nämlich dann, wenn man sich die Betreuung des Kindes nicht gleichwertig teilt oder sich nicht gegenseitig von Unterhaltspflichten freigestellt hat.
Düsseldorfer Tabelle gibt Auskunft über Höhe des Unterhalts
Um zu berechnen, wie viel man nach einer Scheidung für den Unterhalt der gemeinsamen Kinder zahlen muss (oder erhält), zieht man in der Regel die sogenannte Düsseldorfer Tabelle zurate. Dabei handelt es sich um eine bundesweit anerkannte Richtlinie zum Unterhaltsbedarf minderjähriger Kinder sowie volljähriger Kinder in der Berufsausbildung. Sie wird vom Oberlandesgericht Düsseldorf herausgegeben, das bei der Erstellung mit dem Deutschen Familiengerichtstag sowie anderen Oberlandesgerichten zusammenarbeitet, auch mit den OLG Frankfurt und Koblenz. Die Düsseldorfer Tabelle wird alle zwei Jahre aktualisiert.
Der Elternteil, bei dem das minderjährige Kind ständig lebt, leistet mit seinen Erziehungs- und Betreuungsleistungen den Naturalunterhalt. Als Ausgleich dafür muss der andere Elternteil den Barunterhalt leisten. Entsprechend den Altersstufen legt die Düsseldorfer Tabelle ab dem 1. Januar 2018 folgenden Mindestunterhalt fest:
- 348 Euro bis zum vollendeten 6. Lebensjahr
- 399 Euro bis zum vollendeten 12. Lebensjahr
- 467 Euro bis zum vollendeten 18. Lebensjahr
- 527 Euro ab dem vollendeten 18. Lebensjahr
Wie viel Unterhalt pro Monat tatsächlich fällig wird, richtet sich nach dem Alter des Kindes sowie dem Einkommen des unterhaltspflichtigen Elternteils. Abgezogen wird jeweils ein bestimmter Selbstbehalt für die eigenen Lebenshaltungskosten. Auch das Kindergeld, das beiden Elternteilen zusteht, wird berücksichtigt. Keine Rolle in der Berechnung spielt dagegen der Sonderbedarf, der zum Beispiel für eine neue Brille oder eine Klassenfahrt geltend gemacht werden kann. Dieser muss zusätzlich von den Eltern gemäß ihrer Leistungskraft erbracht werden.
Bei volljährigen Kindern, die sich in einer Ausbildung oder im Studium befinden, müssen sich beide Elternteile ebenfalls anteilig an den Kosten beteiligen.
Unterhalt für früheren Ehegatten bei gemeinsamen Kindern nur begrenzt möglich
Nach der Scheidung trägt jeder Ehegatte wieder für sich selbst Verantwortung. Das bedeutet auch, dass er in der Pflicht steht, selbst für sein Einkommen zu sorgen. Für den wirtschaftlich schwächeren Ehepartner besteht eine Übergangsfrist von einem Jahr, in dem er Anspruch auf Ehegattenunterhalt hat. Wer aber wegen der Kinder nur Teilzeit gearbeitet hat und die Arbeit auch nicht ausweiten kann, ist von dieser Regel ausgenommen. Dann muss der unterhaltspflichtige Elternteil innerhalb der ersten 3 Lebensjahre des Kindes Unterhalt für den früheren Ehepartner zahlen. Ob dies auch länger möglich ist, wird vom Familiengericht entschieden.