Wenn Sie ein Studium oder eine Ausbildung beginnen, stehen Sie wahrscheinlich vor der Frage, wie Sie in dieser Zeit Ihren Lebensunterhalt bestreiten sollen. Viele greifen auf die Möglichkeit zurück, eine Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (kurz: BAföG) zu beantragen. Ob und in welcher Höhe die Förderung gewährt wird, hängt in der Regel von den finanziellen Mitteln der Eltern ab. In Einzelfällen kann die Ausbildung oder das Studium auch durch elternunabhängiges BAföG gefördert werden.
Was ist elternunabhängiges BAföG?
Die Grundlage für den Anspruch und die Höhe einer staatlichen Ausbildungsförderung ist das Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG). Darin ist gesetzlich festgeschrieben, dass Eltern für die Dauer einer Ausbildung oder eines Studiums ihres Kindes unterhaltspflichtig sind. Dabei werden die finanziellen Mittel und die Vermögensverhältnisse beider Elternteile berücksichtigt. Liegen die Voraussetzungen für eine Unterhaltspflicht vor, sind sie dazu verpflichtet, den finanziellen Bedarf während der Ausbildung oder des Studiums teilweise oder vollständig zu decken. In Ausnahmefällen haben Sie jedoch auch die Möglichkeit, elternunabhängiges BAföG zu beantragen. Die Voraussetzungen dafür sind streng. Trifft eines der Kriterien für diese Art der Förderung auf Sie zu, werden das Einkommen sowie das Vermögen Ihrer Eltern nicht angerechnet, und Sie haben die Möglichkeit, den BAföG-Höchstsatz in Anspruch zu nehmen.
Wer hat Anspruch auf elternunabhängiges BAföG?
§ 11 Abs. 3 BAföG regelt klar, welche Voraussetzungen für eine Bewilligung von elternunabhängigem BAföG erfüllt sein müssen. Jeder Antrag wird von der BAföG-Stelle individuell unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls geprüft.
- Fünfjährige Erwerbstätigkeit: Können Sie zum Zeitpunkt der Aufnahme eines Studiums eine fünfjährige Erwerbstätigkeit vorweisen, kann eine Bewilligung von elternunabhängigem BAföG erfolgen. Dabei müssen Sie der Tätigkeit nicht unbedingt lückenlos nachgegangen sein. Allerdings müssen Sie dies für insgesamt fünf Jahre nachweisen können, beispielsweise mittels Lohnbescheinigungen.
- Dreijährige Erstausbildung und dreijährige Erwerbstätigkeit: Haben Sie bereits eine dreijährige Berufsausbildung absolviert und können zusätzlich eine dreijährige Erwerbstätigkeit nachweisen, kann Ihnen ebenfalls elternunabhängiges BAföG gewährt werden. Wenn die Ausbildung jedoch nur zwei Jahre gedauert hat, muss die anschließende Tätigkeit entsprechend vier Jahre ausgeführt worden sein. Sie müssen sich also insgesamt sechs Jahre lang in einem Beschäftigungsverhältnis befunden haben, bevor Sie ein Studium anschließen und dafür gegebenenfalls Anspruch auf elternunabhängiges BAföG erwerben.
- Vollendung des 30. Lebensjahrs: Ihre Eltern sind grundsätzlich nicht mehr unterhaltspflichtig, sobald Sie zu Beginn der Ausbildung oder des Studiums das 30. Lebensjahr vollendet haben. Es passiert jedoch eher selten, dass eine Bewilligung in diesem Alter noch erfolgt. Gründe für eine Bewilligung können unter anderem sein: die vorherige Betreuung von Kindern bis zum 10. Lebensjahr, das Nachholen des Abiturs auf dem Zweiten Bildungsweg (ein Studium ist dann allerdings direkt im Anschluss zu beginnen, damit es förderbar ist), andere persönliche oder familiäre Gründe wie Schwangerschaft, Krankheit oder Behinderung. Ob relevante Kriterien erfüllt sind, wird vom BAföG-Amt für jeden Einzelfall geprüft.
- Erwerb des Abiturs auf dem Zweiten Bildungsweg: Wenn Sie Ihr Abitur auf dem Zweiten Bildungsweg an einer Abendschule oder einem Kolleg nachholen möchten, können Sie für diesen Zeitraum ebenfalls elternunabhängiges BAföG beantragen.
- Unbekannter Aufenthaltsort der Eltern: Ist der Aufenthaltsort Ihrer Eltern nicht bekannt und sind diese auch nicht ausfindig zu machen, wird Ihr BAföG-Anspruch ohne Berücksichtigung der finanziellen Verhältnisse Ihrer Eltern berechnet.
- Anspruch als Vollwaise: Sind beide Elternteile bei Ausbildungsbeginn bereits verstorben, erhalten Sie ebenfalls elternunabhängiges BAföG. Zu beachten ist, dass in diesem Fall die Waisenrente als Einkommen angerechnet wird, sodass eine Berechnung auf deren Grundlage erfolgt.
… nur knapp jeder zweite BAföG-Empfänger (48 Prozent) die maximale Fördersumme von 735 Euro pro Monat während des Studiums oder der Ausbildung erhält?“
(Quelle: Statistisches Bundesamt, 2017)
Höhe und Rückzahlungsregelungen
Die Höhe des elternunabhängigen BAföG hängt von Ihren Lebensumständen ab. Haben Sie noch andere Einkünfte, zum Beispiel aus einer Nebentätigkeit, fällt der Leistungsanspruch entsprechend geringer aus. Grundsätzlich gilt hier dieselbe Berechnungsgrundlage wie beim normalen, „elternabhängigen“ BAföG. Derzeit beläuft sich die Höchstfördersumme auf 735 Euro (Stand: November 2017 nach §§ 12 und 13 BAföG). Sollten Sie keine Nebeneinkünfte haben, kann Ihnen mitunter das elternunabhängige BAföG in voller Höhe bewilligt werden.
Die Rückzahlung des elternunabhängigen BAföG ist genauso geregelt wie für das normale BAföG: Spätestens fünf Jahre nach Beendigung der Ausbildung oder des Studiums müssen Sie normalerweise damit beginnen, 50 Prozent der insgesamt erhaltenen Summe zinsfrei zurückzuzahlen. Diese können Sie auch mit einem Mal bezahlen, üblicher ist jedoch die Rückzahlung in Raten über einen gewissen Zeitraum. Ein Aufschub der Zahlungsfrist kann gegebenenfalls beantragt werden. Die andere Hälfte, die Sie nicht zurückzuzahlen brauchen, ist ein staatlicher Zuschuss zur Ausbildungsförderung. Zudem liegt die Höchstsumme für die Rückzahlung bei 10.000 Euro.