Für manche ist Jobsharing nur ein weiterer Begriff aus dem Umfeld von „New Work“, andere halten es für ein flexibles Arbeitszeitmodell mit großer Zukunft. Schon vor einigen Jahren zeigten Umfragen, dass sich viele Arbeitnehmer:innen vorstellen könnten, die Arbeitsstelle mit einer Kollegin oder einem Kollegen zu teilen. Während der Corona-Pandemie erlebt das Jobsharing einen kleinen Höhenflug. Auch Unternehmen erkennen zunehmend die positiven Auswirkungen. Doch beim Jobsharing müssen die Vor- und Nachteile der Arbeitsplatzteilung abgewogen werden.
Was ist überhaupt Jobsharing? Eine Definition
Grundsätzlich handelt es sich beim Jobsharing um ein Arbeitszeitmodell, bei dem sich in einem Unternehmen zwei oder mehr Arbeitnehmer:innen eine Vollzeitstelle teilen. Im Unterschied zu einer klassischen Teilzeitstelle wird also nicht eine volle Stelle so aufgeteilt, dass zwei neue Stellen mit jeweils eigenen Aufgabenbereichen und Verantwortungen entstehen. Vielmehr basiert das Jobsharing darauf, dass die Mitarbeiter:innen gemeinsame Aufgaben und Zuständigkeiten haben und sich in sogenannten „Tandems“ organisieren.
Nicht verwechseln sollte man das Jobsharing mit der Idee, einen Arbeitsplatz zu teilen. Während im ersten Fall eine Arbeitsstelle aufgeteilt wird, handelt es sich im zweiten Fall um den konkreten Arbeitsort, zum Beispiel einen Schreibtisch. Beim „Desk Sharing“ gibt es keine festen Plätze mehr. Stattdessen können mehrere Mitarbeiter:innen zu unterschiedlichen Zeiten am selben Büroplatz arbeiten. Dieser wird nach Bedarf gebucht und darf nur so lange besetzt sein, wie man auch dort arbeitet. Viele Unternehmen, bei denen Mitarbeiter:innen im Home Office oder ganz flexibel arbeiten, haben Desk Sharing eingeführt.
Jobsharing: Mehrere Modelle sind möglich
Generell lassen sich im Jobsharing drei Grundmodelle voneinander abgrenzen:
- Job Splitting: Eine Vollzeitstelle wird auf zwei (oder auch mehr) Mitarbeiter:innen in entsprechendem Teilzeitumfang aufgeteilt. Jede:r von ihnen erhält einzelne, klar abgegrenzte Aufgabenbereiche.
- Job Pairing: Bei dieser Form ist die Zusammenarbeit deutlich enger. Die Vollzeitstelle wird von beiden Personen gemeinsam ausgefüllt, sodass Projekte und Aufgaben gemeinschaftlich bearbeitet bzw. wichtige Entscheidungen nur in Abstimmung getroffen werden („Pure Jobshare“). Mitunter wird die Stelle mit zwei Personen besetzt, die unterschiedliche Stärken und Eignungen mitbringen und sich dadurch ergänzen („Hybrid Jobshare“).
- Top Sharing: Lange für undenkbar gehalten, setzt sich Jobsharing auch im oberen Management und bei Führungskräften langsam durch. Die Jobsharer tragen gemeinsam die Verantwortung für strategische Entscheidungen und Investitionen bzw. führen zusammen das Team.
Was die Zeitaufteilung betrifft, bietet das Jobsharing ebenfalls unterschiedliche Modelle. Die klassische Aufteilung ist 50/50, jede:r Mitarbeiter:in arbeitet also in einer 50-Prozent-Teilzeitstelle. In der Praxis lassen sich aber auch andere Aufteilungen finden: 40/60, 30/70 oder 20/80. Zudem gibt es Konstellationen wie 60/60 oder 70/70, die über die 100-Prozent-Vollzeitstelle hinausführen. Diese Variante wird meist gewählt, um durch die zeitliche Überschneidung bessere Kommunikations- und Abstimmungsprozesse zu ermöglichen.
Wie die Mitarbeiter:innen im Alltag die Arbeitszeit konkret aufteilen, ist meist ihnen überlassen (sofern nicht vertraglich anders geregelt). Manche Jobsharer splitten stundenweise (zum Beispiel vormittags und nachmittags), andere teilen sich tageweise auf (zum Beispiel Montag bis Mittwoch und Donnerstag bis Freitag).
Jobsharing: Welche Vor- und Nachteile gibt es?
Idealerweise profitieren sowohl das Unternehmen als auch die Mitarbeiter:innen vom Jobsharing. Für die Arbeitnehmer:innen liegen die Vorteile klar auf der Hand: Da die Arbeitszeiten in den jeweiligen Tandems koordiniert werden, lassen sich Beruf und Familie besser vereinbaren bzw. die Work-Life-Balance verbessern. Jede:r kann im eigenen Rhythmus arbeiten, hält aber dabei den/die andere:n auf dem Laufenden, zum Beispiel über To-do-Listen oder Kommunikationstools.
Das Unternehmen kann ebenfalls gewinnen. Zum Beispiel fließen das Know-how und die Erfahrung von zwei Expert:innen in eine Stelle ein. Zudem ist meist sichergestellt, dass die Arbeitsstelle im Urlaubs- oder Krankheitsfall besetzt ist. Und gerade beim Job Pairing sorgt das Vier-Augen-Prinzip dafür, dass die Fehlerquote gering ist. Auch die eigenverantwortliche Arbeitsweise der Jobsharer erweist sich häufig als Pluspunkt, weil diese durch den Vertrauensvorschuss motivierter und damit auch produktiver arbeiten und auf diese Weise enger an die Firma gebunden werden. Langfristig wirkt sich das positiv auf das Image des Unternehmens aus, was sich letztendlich auch bei der Mitarbeitergewinnung auszahlt.
Doch Jobsharing bedeutet nicht nur eitel Sonnenschein. Jobsharer sollten bestimmte Voraussetzungen mitbringen, etwa eine hohe Kommunikations- und Kompromissbereitschaft. Ohne den regelmäßigen Austausch bleiben Aufgaben liegen oder es fühlt sich niemand für ein bestimmtes Projekt zuständig. Organisationstalent, gegenseitige Sympathie und ein gewisses Grundvertrauen in die Fähigkeiten des jeweils anderen sind ebenfalls notwendig, damit das Ganze funktioniert. Und nicht vergessen: Jobsharing heißt trotzdem immer noch Teilzeitarbeit. Das bedeutet ein geringeres Gehalt und eine niedrigere Rente im Vergleich zu einem Vollzeit-Job.
Für Unternehmen kommen noch weitere Aspekte hinzu. So fallen zum Beispiel die Gehälter und Lohnnebenkosten für zwei Teilzeitstellen häufig etwa höher aus als bei einer Vollzeitstelle. Da mehr Personal beschäftigt wird, steigt der Verwaltungsaufwand in der HR-Abteilung, was auf manche Unternehmen ebenfalls abschreckend wirkt. Zudem gibt es beim Jobsharing einige rechtliche Aspekte zu beachten, etwa wie Vertretungszeiten geregelt werden oder wie sich in solchen Tandem-Konstellationen einzelne Arbeitsverträge beenden lassen. Auch scheint das Konfliktpotenzial größer. Verstehen sich die Jobsharer doch nicht, kann das den ganzen Betriebsablauf stören.
Für immer mehr Branchen ist das Jobsharing die Zukunft
Dass beim Jobsharing die Vorteile die Nachteile überwiegen, zeigt sich auch dadurch, dass immer mehr Branchen und Berufsgruppen das flexible Arbeitsmodell aufgreifen. Zum Beispiel ist in Pflegeberufen Jobsharing schon recht weit verbreitet, auch bei Ärzt:innen ist es üblicher geworden, sich eine Stelle zu teilen. Selbst beim Top Sharing, also dem Teilen von Führungspositionen, sind viele Unternehmen nicht mehr so zurückhaltend wie noch vor einigen Jahren.
Jobsharing erweist sich für viele Mitarbeiter:innen als sinnvolle Lösung: Zum Beispiel für Eltern mit kleinen Kindern, die nach der Elternzeit wieder im Berufsleben durchstarten wollen. Andere wünschen sich mehr Zeit, etwa weil sie sich weiterbilden wollen oder einen Familienangehörigen pflegen. Auch die Idee der engen Zusammenarbeit ist für viele spannend: zum Beispiel in Form multikultureller Tandems oder generationsübergreifender Tandems von Berufseinsteiger:innen und erfahrenen Mitarbeiter:innen.
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