Für Timo L. war der Studienkredit die einzige Möglichkeit, sein Masterstudium in Geowissenschaften zu finanzieren. Bis zum Bachelorabschluss hatten seine Eltern ihn finanziell unterstützt, mehr war ihnen aber nicht möglich. Die Auslastung durch Vorlesungen, Seminare und Pflichtpraktika erwies sich als so hoch, dass dem 25-Jährigen keine Zeit für einen Nebenjob blieb. BAföG kam nicht infrage, auch ein Stipendium zu erhalten war unwahrscheinlich. Blieb also nur ein Studienkredit, auch wenn die Zinsen eine zusätzliche Belastung bedeuteten. Timo L. musste sich klarmachen, dass er mit dem Kredit auch ein gewisses Verschuldungsrisiko einging.
Was unterscheidet den Studienkredit vom Privatkredit?
Der klassische Studienkredit deckt die Lebenshaltungskosten wie die Mietzahlung für das WG-Zimmer oder die Studentenbude, Essen, Telefon und Krankenversicherung ab; aber auch bestimmte Ausgaben für das Studienfach, angefangen bei Büchern und Unterrichtsmaterialien bis hin zu Exkursionen und Studienfahrten. Je nach Studienort und Fachrichtung liegt der monatliche Bedarf schnell bei 900 bis 1.000 Euro. Timo L. studiert an der Johann-Gutenberg-Uni in Mainz und rechnet mit Kosten um die 800 Euro pro Monat. Zum Vergleich: Der BAföG-Höchstsatz liegt derzeit bei 735 Euro (Stand: Wintersemester 2016/2017). Selbst mit BAföG bliebe Timo immer noch eine Lücke von 65 Euro.
Beim Studienkredit handelt es sich nicht um einen klassischen Privatkredit. Zwar zählt auch der Studienkredit zu den Ratenkrediten, doch anders als diese wird der Studienkredit nicht als ein Betrag ausgezahlt. Stattdessen erhält der Student pro Monat eine festgelegte Teilsumme, die sich je nach Bedarf zwischen 100 und maximal 650 Euro bewegt. Timo L. beantragt zwar den Höchstsatz, doch während des Studiums zwingt er sich zur Sparsamkeit: kein Urlaub, keine größeren Anschaffungen und fürs Telefonieren sucht er nach einem besonders günstigen Handytarif.
Während des Studiums muss Timo L. regelmäßig Studiennachweise an das Kreditinstitut schicken. So zeigt er, dass sein Studium zügig voranschreitet, dafür überweist ihm die Sparkasse oder Bank weiterhin den monatlichen Betrag. Bei manchen Anbietern würde er allerdings nicht die gesamte Summe in Höhe von 650 Euro erhalten, da diese bereits während der Auszahlungsphase die anfallenden Zinsen für den Studienkredit davon abziehen. Das verringert einerseits die Summe, die man monatlich zur freien Verfügung hat, andererseits fällt durch den Zinseszinseffekt die Gesamtsumme niedriger aus, die man zurückzahlt.
Studienkredite mit niedrigen oder gar keinen Zinsen
Besonders beliebt ist der Studienkredit der KfW – der Kreditanstalt für Wiederaufbau. Die staatliche Förderbank vergibt den Kredit an Studenten sowohl in Bachelor- als auch in Master-Studiengängen. Als eines der wenigen Angebote ist der KfW-Kredit deutschlandweit verfügbar und kann für jedes Studienfach beantragt werden. Eine weitere Besonderheit: Der KfW-Studienkredit wird ohne feste Zinsen angeboten. Stattdessen orientiert sich die Verzinsung am EURIBOR – einem internationalen Referenzzinssatz für Geschäfte zwischen Banken. Die KfW passt die Zinsen für den Studienkredit zweimal im Jahr dem aktuell gültigen EURIBOR-Zinssatz an.
Bedürftige Studenten können sogar ein zinsloses Darlehen fürs Studium erhalten. Wer unverschuldet in eine finanzielle Notlage gerät, kann beim zuständigen Studentenwerk oder einer gemeinnützigen Organisation wie dem Hildegardis-Verein oder der E.W. Kuhlmann-Stiftung einen zinsfreien Studienkredit beantragen. Dieser wird oft zum Studienabschluss gewährt, mittlerweile erhalten aber auch Studenten in einem früheren Studienabschnitt Unterstützung. In der Regel wird für diesen Notkredit eine Bürgschaft verlangt, bei den Darlehenskassen der Studentenwerke ist zudem eine Verwaltungsgebühr zu bezahlen.
… im Jahr 2021 15 Prozent aller Studierenden ihr Studium durch einen Studienkredit finanziert haben? 59 Prozent arbeiteten nebenbei.“
(Quelle: Deutsches Studentenwerk, 2023)
Die Rückzahlung des Studienkredits beginnt nach Karenzzeit
Die eigentliche Rückzahlung oder Tilgung des Studienkredits beginnt nicht unmittelbar nach Abschluss des Studiums, sondern erst nach einer Ruhe- oder Karenzzeit von 6 bis 24 Monaten, damit sich der Absolvent in Ruhe auf Jobsuche begeben kann. Erst dann setzt die Tilgung des Kredits ein. Die Laufzeit der Rückzahlung sowie die Höhe der monatlichen Beträge lassen sich individuell vereinbaren. Bei einigen Anbietern sind Rückzahlungsphasen von bis zu 20 Jahren und mehr möglich. In der Regel ist eine Sondertilgung erlaubt – einige Kreditinstitute erheben aber eine Vorfälligkeitsentschädigung.
Dank des Studienkredits kann Timo L. sein Masterstudium innerhalb der Regelstudienzeit erfolgreich beenden. Seine Abschlussarbeit schreibt er bei einem Industrieunternehmen, das ihn anschließend in Festanstellung übernimmt. Mit der Rückzahlung will er sofort nach Ablauf der Karenzzeit von sechs Monaten beginnen. Da sich der Studienkredit zuzüglich Zinsen und Gebühren auf mehr als 20.000 Euro beläuft, möchte Timo L. die Summe möglichst schnell zurückzahlen. Angesichts des ordentlichen Einstiegsgehalts könnte er den Betrag innerhalb von fünf Jahren bequem ausgleichen. Doch wenn weiterhin alles so gut läuft wie bisher, will er bereits in zwei Jahren schuldenfrei sein.
Der Staat gewährt ihm zudem einen weiteren kleinen Vorteil: Die Zinsen für den Studienkredit kann er von der Steuer absetzen, und zwar als Werbungskosten in der tatsächlich anfallenden Höhe. Die eigentliche Kreditrate kann dagegen nicht steuerlich geltend gemacht werden.