Gemeinsames Haus bei einer Scheidung: Das ist zu beachten

Gemeinsames Haus bei einer Scheidung: Das ist zu beachten

Ein Bauwerk steht gegebenenfalls Jahrhunderte, eine Beziehung hingegen hält nicht immer ein Leben lang. So geschehen auch bei Inga und Bernd. Nach fünf gemeinsamen Ehejahren haben sie entschieden, sich zu trennen. Jetzt müssen sie klären, was mit dem gemeinsamen Haus nach der Scheidung geschehen soll. Beide stehen im Grundbuch, was die Situation nicht leichter macht. Grundsätzlich hängt es von den bestehenden Eigentums- und Nutzungsverhältnissen ab, welche Regelungen sie miteinander treffen können. Dabei spielt auch eine wichtige Rolle, dass die beiden verheiratet sind.

 
 

Was geschieht mit der gemeinsamen Immobilie bei einer Scheidung?

Der Frage, wie mit der gemeinsamen Immobilie bei einer Scheidung verfahren wird, sollte man sich idealerweise zu zweit stellen. Auch Inga und Bernd überlegen zusammen, was sie am besten tun sollen. Das Haus verkaufen oder behalten? Und wie sollen sie angesichts der Trennung mit dem gemeinsamen Hauskredit verfahren?

Immobilienexperten raten Paaren am Anfang einer Trennung, keine überstürzten Entscheidungen zu treffen. Die Emotionen kochen oft zu schnell hoch, um eine vernünftige Basis für ein konstruktives Gespräch zu finden. Nach drei bis vier Monaten hingegen sieht die Situation meist schon anders aus, und es ergeben sich Lösungen, an die kurz nach der Trennung nicht zu denken war. Grundsätzlich sollten Sie sich nicht von Ihrem (Ex-)Partner unter Druck setzen lassen. Eine voreilige Entscheidung ist vor allem bei Eheleuten gar nicht notwendig.

Die gemeinsame Immobilie gehört zum Zugewinn

Nach dem Gesetz gilt der Güterstand einer Ehe zunächst einmal als Zugewinngemeinschaft. Das heißt, dass Vermögenszuwächse unter Eheleuten geteilt werden müssen, auch wenn die Anteile am Vermögensaufbau unterschiedlich sind. Bei einer Scheidung werden während der Ehe erwirtschaftetes Vermögen und gemeinsame Schulden nach dem Zugewinnausgleich zwischen den Eheleuten aufgeteilt – außer es gibt einen Ehevertrag.

Bernd und Ingas während der Ehe erworbene Immobilie zählt als Vermögenswert zum Zugewinn hinzu. Hätte Inga das Haus schon vor der Heirat besessen, würde es zum damaligen Wert ihres Vermögens gerechnet werden. Allerdings wird die Wertsteigerung in den Zugewinn miteinbezogen, wenn der Immobilienwert seit der Heirat gestiegen ist.

Schwieriger ist die Rechtslage, wenn ein Ehepartner schon zu Beginn der Beziehung deutlich mehr eigenes Vermögen in die gemeinsame Immobilie gesteckt hat oder später noch einmal Geld aus einer Erbschaft nachschießt. Ist das während einer Scheidung nicht deutlich nachweisbar, wird das Vermögen beiden Eheleuten zugerechnet. Deshalb raten Experten immer dazu, einen Ehevertrag abzuschließen. So ist alles rund ums Haus vorab geregelt, damit bei einer Scheidung der Zugewinn gerecht verteilt wird.

Wer muss nach der Trennung aus dem Haus ausziehen?

Nach der Trennung stehen Inga und Bernd vor einem Problem: Der Wohnungsmarkt in ihrer Heimatstadt ist äußerst angespannt. Bernd würde gerne ausziehen, findet aber nichts Passendes. Dabei muss er im Trennungsjahr gar nicht aus der gemeinsamen Immobilie ausziehen. Das gilt für eine vor der Trennung erworbene gemeinsame Wohnung genauso wie für ein Haus und ebenso für gemietete Immobilien.

Das Nutzungsrecht an der Ehewohnung bzw. dem Haus steht dem Gesetz nach beiden Eheleuten gleichermaßen zu. Dabei spielt es keine Rolle, wem die Immobilie gehört, wer den Mietvertrag unterschrieben hat oder wer die Miete zahlt. Wie mit einer „Ehewohnung“ verfahren wird, macht der Gesetzgeber davon abhängig, ob es sich um den Zeitraum der Trennung oder den nach der Scheidung handelt.

Wussten Sie, dass …
… im Jahr 2023 ganze 129.000 Ehen geschieden wurden? Im Durchschnitt waren die Paare 15 Jahre verheiratet.“
(Quelle: Statistisches Bundesamt, Juni 2024)

Die Ehewohnung im Trennungsjahr

Im Trennungsjahr muss demnach eigentlich weder Inga noch Bernd ausziehen. Hinter dieser Regelung verbirgt sich der vom Gesetzgeber geförderte Gedanke an eine mögliche Versöhnung der Eheleute. Ist diese von beiden Seiten nicht gewünscht, bleibt nur der Auszug eines Ehepartners. Häufig führt dies zu Streitigkeiten darüber, wer ausziehen soll; vor allem dann, wenn wie bei Inga und Bernd beide Eigentümer der Immobilie sind. Oft befürchtet der Ehepartner, der auszieht, seine Nutzungs- und Eigentumsrechte einzubüßen. Dem ist aber nicht so: Diese bleiben unberührt.

Falls Inga und Bernd sich nicht darüber einigen können, wer auszieht, kann jeder von ihnen beim Familiengericht eine Zuweisung der Ehewohnung zur alleinigen Nutzung beantragen. Das Gericht wird grundsätzlich versuchen, die Ehewohnung unter ihnen aufzuteilen. Nur wenn dies nicht möglich ist, wird die gemeinsame Wohnung einem von beiden zur alleinigen Nutzung zugewiesen und der andere dazu verpflichtet, die Wohnung zu räumen und auszuziehen.

Etwas anders sieht die Situation aus, wenn Inga alleinige Eigentümerin der Ehewohnung wäre. Dann muss das Gericht bei seiner Entscheidung ihre Eigentumsrechte bei der Abwägung beider Interessen berücksichtigen. Solange es keine Gewaltanwendung in der Beziehung gibt, wird das Alleineigentum besonders berücksichtigt. Bernd müsste plausible Gründe darlegen, um die Wohnungszuweisung zu erreichen.

Würde Bernd die Ehewohnung ganz oder teilweise überlassen, dürfte Inga als Eigentümerin ihn nicht in der Ausübung seines Nutzungsrechts einschränken. Dazu zählt beispielsweise die Abstellung des Warmwassers. Allerdings dürfte sie von Bernd für die Nutzung eine Vergütung verlangen, soweit dies angemessen ist. Das wäre beispielsweise dann der Fall, wenn Inga jetzt zur Miete wohnen müsste und nicht genug finanzielle Mittel hätte, diese zu bezahlen.

Wie soll man mit dem gemeinsamen Haus bei einer Scheidung verfahren?

Es gibt verschiedene Möglichkeiten für Inga und Bernd, das Problem des gemeinsamen Hauses bei der Scheidung anzugehen:

  • das Haus verkaufen
  • das Haus aufteilen
  • das Haus vermieten
  • das Haus versteigern
  • den Anteil der anderen Partei am Haus übernehmen

Es existiert keine allgemeine gesetzliche Regelung, was mit einer gemeinsamen Immobilie bei einer Scheidung oder Trennung geschehen soll. Schlussendlich müssen die gemeinsamen Eigentümer zu einer Einigung kommen. Im gerichtlichen Scheidungsverfahren wird über Vermögenswerte und Unterhaltsleistungen entschieden, aber nicht über gemeinsame Häuser und Wohnungen.

Wie verhält es sich mit gemeinsamen Immobilien bei Lebensgemeinschaften?

Anders sieht es bei Lebensgemeinschaften ohne Trauschein aus. Wenn man gemeinsam eine Wohnung anmietet, sollte man für den Trennungsfall vertraglich vorsorgen. Eine Trennungsvereinbarung schützt davor, aus dem gemeinsamen Haus bzw. der Wohnung geworfen zu werden. Stehen beide Partner im Mietvertrag, hat keiner das Recht, den anderen aus der Wohnung zu werfen.

Meistens wird dieses Problem gelöst, indem sich einer der Mieter durchsetzt und mit Einverständnis des Vermieters den Mietvertrag weiterführt. Eine andere Lösung ist, dass beide die Wohnung aufgeben. Ist hingegen einer der Partner Alleinmieter, kann er den anderen dem Gesetz nach vor die Tür setzen. Geht er nicht von alleine, droht ihm sogar eine Räumungsklage – davor schützen nicht einmal gemeinsame Kinder.

Doch was passiert mit einem gemeinsam erworbenen Haus, wenn beide im Grundbuch stehen, aber unverheiratet sind? Denn seit 2002 können in Deutschland auch unverheiratete Lebensgefährten gemeinsam eine Wohnung erwerben. Damit nach einer Trennung das Haus oder die gemeinsame Wohnung nicht zum Streitfall vor Gericht werden, empfehlen Experten, eine Vorwegvereinbarung für den Trennungsfall abzuschließen. Werden sich die zwei Partner bei einer Trennung nicht über die Nutzung der gemeinsamen Wohnung oder des Hauses einig, bleibt nur der Gang vor Gericht, um eine Aufhebungsklage zu erreichen. Diese räumt einem Partner gegen eine Ausgleichszahlung an den Ex-Partner das Alleineigentum ein.

Tipp: Es klingt vielleicht unromantisch, aber generell gilt für Paare, ob mit oder ohne Trauschein: Regeln Sie Ihre Angelegenheiten vor dem Immobilienkauf. Lassen Sie sich juristisch beraten und sichern Sie sich notariell ab, damit es im Fall der Fälle nicht zu Streitigkeiten kommt.

Was geschieht nach der Trennung mit dem Hauskredit?

Für den Hausbau wird in der Regel ein Immobilienkredit in Anspruch genommen, der in den meisten Fällen – wie bei Inga und Bernd – bis zur Trennung noch nicht vollständig getilgt wurde. Bei Ehepaaren sind in der Regel beide Kreditnehmer, da die Bank den Kredit doppelt absichern möchte. Deshalb haftet nach einer Scheidung jeder Einzelne als Gesamtschuldner für den gesamten Kapitaldienst, unabhängig von seiner Einkommenssituation. Würde Inga die Kreditbeträge nach der Trennung allein begleichen, könnte sie von Bernd eine Nutzungsentschädigung verlangen.

Auch für unverheiratete Paare gilt: Sie haften nach der Trennung nur dann gemeinsam für den Hauskredit, wenn beide den Vertrag unterzeichnet haben. Läuft der Kredit nur über einen Partner, ist der andere aus dem Schneider. Allerdings birgt dies auch Nachteile: Sind Kreditnehmer und Eigentümer ein und dieselbe Person, wird es für den Partner schwierig, Ausgleichszahlungen für den Zeitraum zu verlangen, in dem er die Immobilie mitfinanziert hat. Deshalb sollten Sie Belege und Unterlagen, die nachweisen, welches eigene Vermögen in die Immobilie geflossen ist, stets aufbewahren. Noch besser ist es, alles notariell festhalten zu lassen.